Besuch von Ulrike Rodust am 8. Juni

Besuch von Ulrike Rodust am 8. Juni

Als wir Anfang März auf der Zugfahrt vom MEP in Berlin nach Kiel unterwegs waren, kündigte uns Herr Krause schon den Besuch einer Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Juni an. Allerdings verdrängte ich dies, vermutlich wegen meiner Aufregung, die die Erlebnisse beim MEP hinterlassen hatten, ein wenig. Denn in Gedanken war ich noch bei einer Woche voller unbeschreiblicher Eindrücke und Erfahrungen einer Veranstaltung, an der wir als portugiesische Delegation für unser Bundesland Schleswig-Holstein teilgenommen hatten. Auch wenn es anfänglich so geklungen hatte, als sei das MEP ein eher trockenes Projekt mit Debatten, Reden, Abstimmungen und formellen Gegebenheiten, war es für jeden von uns ein einzigartiges Erlebnis.

Und nun sollten wir also die Gelegenheit haben, eine Politikerin kennen zu lernen, die im echten Europaparlament Delegierte ist: Ulrike Rodust aus Holzdorf bei Eckernförde. Wir bekamen einige Tage vorher Informationen über ihren Lebenslauf, ihre Aufgabenfelder in der Politik und ihre Zuständigkeiten in Straßburg bzw. Brüssel und in Kiel. Und diese Informationen beispielsweise über die Richtlinien und Ziele der europäischen Agrar- und Fischereipolitik ließen einen langen Vortrag erwarten.

Diesen gab es dann auch tatsächlich, aber in einer Form, die meine Erwartungen  positiv weit übertraf, weil Frau Rodust sehr spontan war und überhaupt nicht realitätsfern, wie es bei anderen Politikern manchmal wirkt. Sie schlug uns auch sofort vor, uns gegenseitig mit „Du“ anzusprechen. Zunächst stellte sie sich vor und erläuterte den Verlauf ihrer politischen Karriere, sie gab uns aber auch sehr persönliche Einblicke in das „normale“ Leben, nämlich das mit ihrer Familie. Dabei langweilte sie uns nicht mit bloßen Fakten oder Zahlen, sondern erklärte uns ihren Lebensweg, der auch für Normalbürger gut nachzuvollziehen ist.

Mich interessierte an ihrer Geschichte vor allem der Moment des Eintritts in die Politik, der folgendermaßen aussah: Als Jugendliche hatte sie die Einrichtung eines Freizeitraums für ihre Freunde und sich in einem hartnäckigen Kampf durchgesetzt, wodurch ihr bewusst wurde, dass man sich für seine Wünsche einsetzen muss, um etwas zu bewegen. Von solchen und ähnlichen Erfahrungen berichtete sie ohne Unterbrechung und ohne ihren Schwung zu verlieren, wohl auch deshalb, weil wir ihr und ihrer Geschichte die ganze Zeit mit Interesse und teilweise auch mit Erstaunen zuhörten.

Außerdem erhielten wir Einblick in eine typische Arbeitswoche einer Politikerin und erfuhren, wie hart diese Tätigkeit ist und dass Ulrike Rodust häufiger innerhalb weniger Tage mehrere tausend Kilometer zurücklegen muss, wobei eine Autofahrt von Schleswig-Holstein nach Brüssel und zurück von ihr dann sogar als angenehme Abwechslung zu den gewohnten Flugrouten empfunden wird. Selbstverständlich erzählten wir auch von unserer politischen Erfahrung beim MEP, was sie sich gern anhörte und in Beziehung zur realen Politik setzte.

Aus diesem netten Gespräch habe ich mitgenommen, dass Politiker sehr menschlich auftreten können und dass auch sie nicht ständig fehlerlos handeln können, wenn sie Entscheidungen treffen, die das Leben unzähliger Menschen betreffen. Außerdem wurde uns verdeutlicht, dass Druck und Konkurrenz besonders in der Politik stark zu spüren sind, denn Ulrike Rodust erzählte uns, dass es für sie nicht immer leicht war, das zu vertreten, was sie als freie Delegierte für richtig hielt, weil andere von ihr das Gegenteil erwarteten. Um in der Politik bestehen zu können, braucht man neben Willensstärke zweifellos auch viel Glück.

von Gizem Yesilyurt (11a)

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