Die SChule von Athen
von Niklas
Vor sich sehen Sie einen Ausschnitt aus dem Gemälde „Die Schule von Athen“ vom berühmten italienischen Maler Raffaelo Sanzio, kurz Raffael.
In unserer Aula befindet sich aber nur eine Kopie des Gemäldes. Das Original, das 1510 entstand, befindet sich zusammen mit anderen Fresken, also Wandmalereien, Raffaels im „Stanza della Segnatura“ im Vatikan, denn Raffael malte die Fresken im Auftrag von Papst Julius II. Bei diesen Fresken orientierte sich Raffael hinsichtlich des Stils an den Gemälden Michelangelos aus der Sixtinischen Kapelle.
Als 1963 die neue Aula der Kieler Gelehrtenschule entstand, sollte eine Kopie des Bildes die Aula schmücken. Diese Kopie schuf der deutsche Maler Anton Raphael Mengs im 18. Jahrhundert. Seine Kopie des Gemäldes von Raffael war ein Auftragswerk für den Duke of Northumberland, gelangte aber über Umwege schließlich in den Besitz der Familie von Reventlow und damit in das Herrenhaus Emkendorf. Aufgrund von Renovierungsarbeiten verlieh Emkendorf das Gemälde an die Kieler Kunsthalle, die es der Kieler Gelehrtenschule glücklicherweise ermöglichte, das Gemälde als Dauerleihgabe in der neuen Aula auszustellen. Dort hing es 20 Jahre lang, bis es 1983 nach beendeten Renovierungsarbeiten an das Herrenhaus Emkendorf zurückging, wo es sich bis heute befindet. Das Bild wurde an unserer Schule so sehr vermisst, dass man sich darum bemühte, schnell einen Ersatz zu finden. Deshalb wurde schließlich für unsere Schule eine gleichgroße, aufwändig hergestellte Kopie des Gemäldes gestiftet. Vor sich sehen Sie also quasi die Kopie einer Kopie.
So viel zur Geschichte. Was aber ist denn jetzt auf dem Bild überhaupt zu sehen?
Der Titel des Gemäldes ist „Die Schule von Athen“. Das Geschehen sieht aber weder nach Schulalltag aus, noch ähneln die erwachsenen Männer Jungen im Schulalter.
Es ist die PHILOSOPHEN-Schule von Athen mit vielen berühmten Philosophen und Naturwissenschaftlern aus dem antiken Griechenland. Vor sich auf unserer Kopie sehen Sie aber nur einen Ausschnitt des Gemäldes, das im Original noch viel größer ist. Auf dem eigentlichen Gemälde sind beispielsweise noch Diogenes, Sokrates und Pythagoras zu betrachten. Es sollte aber sicherlich erwähnt werden, dass eine Zusammenkunft dieser berühmten Gelehrten so nie stattgefunden haben kann, weil es in Athen keine einheitliche Philosophenschule gab und die Personen zudem in verschiedenen Zeiten lebten, sodass ein Treffen schlichtweg unmöglich war. Raffael aber wollte in seiner Malerei alle diese Gelehrten vereinen und auf diese Weise für einen besonderen Ausdruck von humanistischer Bildung sorgen.
Wer aber sind nun die beiden Männer, die Sie vor sich sehen? Sie sind aufgrund ihrer zentralen Position die wichtigsten Persönlichkeiten im Bild. Es sind Platon zu Ihrer Linken und Aristoteles zu Ihrer Rechten. Platon hält sein Werk „Timaios“ über die Entstehung der Erde und den Ursprung des Lebens in den Händen. Aristoteles hält sein Werk über die Ethik. Wenn Sie sich die beiden nun aufmerksam anschauen, könnte Ihnen etwas auffallen. Achten sie einmal auf die Gestik der Philosophen! Platon zeigt mit seiner rechten Hand nach oben zum Himmel, während Aristoteles vor sich nach vorne deutet, was auf verschiedene philosophische Positionen hindeutet, denn obwohl Aristoteles der Schüler Platons war und viel von ihm beeinflusst wurde, widersprechen sich die beiden Denker in zentralen philosophischen Fragen.
Platon sucht nach dem Höheren, nach einer Welt der Ideen, die sich der sinnlichen Wahrnehmung des Menschen entzieht, während Aristoteles als Begründer der Naturwissenschaften seine Aufmerksamkeit auf das den Menschen Gegebene, die materielle Welt, richtet.
Warum nun aber genau dieses Bild? Was dachte man sich dabei, als man das Bild zu uns in die neue Aula brachte? Das Gemälde mit den Philosophen Platon und Aristoteles soll unserem humanistischen Gymnasium den überzeitlichen Sinn philosophischer und naturwissenschaftlicher Haltung verleihen. So schauen die beiden Philosophen nun schon seit über 50 Jahren auf die Schüler- und Lehrerschaft, aber auch Besucher der Schule herab, wenn etwa eine Veranstaltung oder aber auch normaler Unterricht in der Aula stattfindet.
Rainer Schöneich, der viele Jahre lang Schulleiter der Kieler Gelehrtenschule war, nutzte das Gemälde einmal als Anlass, um die Schülerschaft an die Werte unseres Gymnasiums zu erinnern. Indem er auf Aristoteles’ Wesensbestimmung des Menschen einging, der den Menschen als „zoon politikon“, also ‚Lebewesen in einer Staatsgemeinschaft‘, beschreibt, lobte Rainer Schöneich das politische Engagement vieler Schülerinnen und Schüler unserer Schule.
Platon und Aristoteles in unserer Aula mögen schon auf manchen eine inspirierende Wirkung gehabt haben und das auch hoffentlich noch viele weitere Jahre tun.
Dieser Text ist im Rahmen der Projektwoche 2020 entstanden. An dem Projekt haben Schülerinnen und Schüler der Unter-, Mittel- und Oberstufe mitgearbeitet.